Okay… okay. Es ist kein Rollenspielthema. Aber ich habe einer Freundin, Juliane, eine Kurzform dieses Eintrages geschickt und wir fanden beide diesen gut. Für den Blog habe ich den Eintrag etwas verlängert. Und da es sich hier ausschließlich um meine Gedanken handeln, und ich immer noch Rollenspieler bin… Tja kommt mal ein Sporteintrag.
Vor dem Start (12:03 Uhr):
Ich steige lässig mit meiner coolen Lederjacke aus dem schön klimatisierten Zug. In Bielefeld war es ja noch kühl, als ich los fuhr. Kaum stehe ich auf dem Gleis in Marburg überkommt mich eine wahre Hitzewelle. Es ist heiß, sehr heiß, verdammt heiß. Ich gehe zur Bushaltestelle. Ich habe keine Ahnung wo die ist, aber da fährt eine Linie zu der Jugendherberge. Ich verlasse den Bahnhof und sehe… 3 Bushaltestellen an drei Straßen, die sich vor mir Kreuzen. Gut, ich brauch einen naiven Plan: Laufe alle ab und schaue, welche die Richtige ist. Ich gehe zur erst Besten und liege richtig. So muss das laufen. Kaum stehe ich an der Haltestelle, ziehe ich meine Jacke aus. Ich schwitze vom rumstehen. Alter, wie soll das erst Heute Abend werden?
Vor dem Start (12:50 Uhr):
Ich verlasse den Bus und steige aus und verlaufe mich. -.- Zur Rettung eilt ein geschätztes 13 jähriges Mädchen. Sie ist völlig perplex als ich sie anspreche. Erkläre mich: Habe mich verlaufen, suche die Jugendherberge und bin aufgeschmissen ohne ihre Hilfe. Sie lacht, wird rot und zeigt mir die Richtung, in die ich gehen muss. Top! Ich finde die Jugendherberge ohne Probleme. Nur an den Eingang gehe ich tatsächlich zweimal vorbei. Notiz an mich: Niemanden erzählen! Das Einzelzimmer ist für eine Jugendherberge purer Luxus. Es hat eine eigene, wirklich sehr gute Dusche und Badezimmer.
Vor dem Start (15:50 Uhr):
Ich bin mit Juliane und einigen anderen in Marburg in der schönen Altstadt. Man sagt mir, dass die Strecke nicht ausgeleuchtet ist. Ich habe keine Kopflampe dabei. Juliane bietet mir ihre an, die ich dankend annehme. Es regnet plötzlich. Ach die paar Tropfen. Es blitzt, donnert und dann legte der Regen so richtig los. Habe ich erwähnt, dass ich ein weißes T-Shirt anhabe? Leute, das ist kein Scherz! Nach dem Regen ist es marginal kühler, aber nun auch noch schwül. Die Bedingungen werden immer besser. Erfahre, dass an irgendeinem Stadion das Ziel sein wird. Wir laufen in ein Stadion ein? Sehr schön.
Vor dem Start: (16:30 Uhr):
Ich liege in der Jugendherberge und versuche etwas zu schlafen. Ich hoffe, dass es kein Unwetter mehr gibt.
Vor dem Start (16:50 Uhr):
Ich werde von einem Ton Check geweckt. Ich stehe auf, sehe aus meinem Fenster und entdecke ein Stadion und ein aufgebautes Ziel. Cool, beim Ziel hab ich eine private Dusche, ist mein erster Gedanke. An Schlafen ist nun kaum mehr zu denken bei dem Ton Check. Ich lege mich trotzdem hin und döse weiter.
Vor dem Start(18:00 Uhr):
Noch eine Stunde bis zum Start, ich stehe bereit und gehe langsam den Berg hoch zur Altstadt, wo der Start ist. Auf meinem Weg sehe ich irgendwie noch kaum Straßenabsperrungen. Der Ordnungsdienst und die Polizei stehen zumindest bereit. Dann passiert es sicher gleich.
Vor dem Start (18:55 Uhr):
Ich setze mir die Lampe von Juliane auf. Die hat schon mehr Gewicht als meine, die ich zu Hause habe. Hm gut. Juliane und ihre Freunde verabschieden sich, da sie von ganz Hinten des Starterfeldes starten wollen. Nun stehe ich hier vorne alleine. Ich tippe 100 Leute sind vor mir. Schön das alle Marathon und Halbmarathon-Läufer gleichzeitig starten. Sonst wäre es auf der langen Distanz sicher einsam. 150 starten nämlich beim Marathon und 1300 über den Halbmarathon. Ich realisiere gerade, dass ich mich mental noch gar nicht auf Marathon eingestellt habe. Welche Taktik laufe ich eigentlich? Hm keine Ahnung. Nun ist es auch zu spät. Oh man… warte mal, die neben mir kommen aus meiner Region. Mal ansprechen… Hmm okay, scheinen ja nett zu sein. Mal sehen. Ich sagte nun ich wolle 4 Stunden laufen. Oh ein älterer Herr beteiligt sich an der Diskussion. Er wolle drunter laufen. Nun gut, 4 Stunden sind für viele machbar und für noch einmal so viele nicht machbar. Ich lass mir nicht anmerken, dass ich 4 Stunden selber für unrealistisch halte und es ein Traum wäre drunter zu laufen. Ah der Startschuss! Wir stehen -.- . Also das übliche warten, bis man auch darf. Es geht los… Juhu… Ich bin auf der Strecke und es geht Bergab.
KM 1:
Ich muss lachen xD Die haben nichts abgesperrt. Die haben einfach den Verkehr gestoppt. Ich muss innerlich noch mehr lachen. Ich sehe genervte Leute in Bussen, genervte Leute in Autos. Sorry Leute, aber ich kann euch wirklich verstehen. Was ein Scheiß! Also dann läuft das ganze Starterfeld gewissermaßen Zickzack zwischen den Autos hin und her.
KM 5:
So wir verlassen nun die Stadt. Mal sehen, wer läuft mein Tempo grob? Alleine Laufen ist doof. Okay, die Frau und der Mann gute 25 Meter vor mir laufen mein Tempo. Ich laufe mal ran und schließe mich an. Warum bin ich nun nach wenige 100 Meter der Pacemaker von denen? Der Mann reißt direkt ab. Die gehörten wohl nicht zueinander. Die Frau bleibt dran, na immerhin. So, nun sind es noch 37 km. Scheiße, denk positiver.
KM 8:
So da ist die zweite Getränkestelle. Bei diesem Marathon sind alle 4 Km die Getränkestellen müsst ihr wissen. Die Frau kommt nicht mehr hinter her. Ich drehe mich noch einmal zu ihr um, aber möchte auch nicht warten. Ich habe mein Rhythmus und den möchte den nicht aufgeben. Km 8 in 39 Minuten und 40 Sekunden. Verdammt, ich bin viel zu schnell. Ich habe eine Pace von 5 Minuten pro Km. Das macht also 12 km/h. Noch fühle ich mich gut, aber 34 km liegen noch vor mir.
KM 9:
Die Kerle aus meiner Region vom Start überholen mich „Mensch du läufst bei dem Tempo 3:30“ Ich nur so „Das wäre neue Rekordzeit, aber der Lauf ist noch lang!“ Sie lachen und ziehen ab.
KM 10:
Uh eine andere Frau nutzt mich als Pacemaker und schließt sich an. Irgendwie scheint nun auch die erste 10 km Schleife fertig zu sein. Wir gehen in eine zweite, neue Schleife. Da die Halbmarathonläufer mitkommen, kann die auch nur so 10 Km lang sein. Auf geht’s!
KM 12:
Warum ist da ein Schild für KM 33 und 22? Oh nee, diese zweite Schleife muss ich dreimal Laufen -.- Scheiße… Ich wusste es, von wegen 2 Runden, was Julianes Freunde sagten. Es sind doch 3 Runden. Es ist nicht nur heiß, schwül, sondern der Lauf wird auch noch eine mentale Belastung.
KM 14:
Ich bekomme Nackenschmerzen. Muss die Lampe abnehmen und nun so tragen und halten. Wie lange lief Juliane damit auf ihrem 100 km Ultra rum? Alter, mit dem Ding musst du trainieren, damit der Nacken das mitmacht -.-
KM 15:
Nun ist sie Frau von Km 10 mein Pacemaker. Ich sah an ihrer Nummer, sowie an den Nummern aller Leute die sich mir anschließen, dass sie nur den Halbmarathon laufen. Na das wird auf der zweiten Hälfe gleich spaßig.
KM 19:
Ich bin wieder der Pacemaker für die Frau von Km 10/15. Laufen dicht zusammen. Sie scheint irgendwie alle zu kennen. Ich finde das unheimlich. Das halbe Publikum ruft sie beim Namen. Ah da winkt mir einer zu und überholt mich. Ah der Kumpel von Juliane, der den Halbmarathon, um die 1:30 Laufen wollte. Na das schafft er nicht mehr, haben jetzt ja schon 1:35 auf der Uhr. Aber warte mal. Ich laufe immer noch sehr entspannt konstant 5 Minuten pro Kilometer. Krass… Warten wir bis 28 Km ab. Meine persönliche große, böse Marke, bei der mich die Krämpfe ereilen. Immerhin die Nackenschmerzen sind weg.
KM 21:
Wir sind wieder am Stadion. Die Schleife habe ich also nun zum ersten Mal beendet. Aber ich wusste es: Alle biegen ins Stadion und niemand ist mehr da. Das heißt auch kein Publikum. Keine Leute, die einen aufbauen, und eine Runde, die ich noch zweimal ablaufen muss. Ich bin so einsam. Das Rennen wird nicht nur körperlich, sondern auch mental nun sehr hart. Ich denke einen Moment daran aufzugeben. Aber dann fädle ich mich für die Marathonläufer ein. Hinter mir höre ich das Jubeln vieler, die ins Stadion einlaufen. Hinter einer Kurve sehe ich das Schild: 21. Ich habe 1:46h auf der Uhr. Ich sollte bald das Tempo rausnehmen, denn ich habe Panik mich zu übernehmen. Wie weit wohl Juliane mit ihren restlichen Freunden ist? Die machen danach Party. Es ist also nun 20:46 Uhr. Es ist nicht merklich kühler geworden. Scheiße, was mache ich hier? Ach ja richtig, ich liebe diesen Sport. Eine emotionale Wärme steigt in mir auf, die das bestätigt. Ich muss lächeln und laufe weiter und gucke wo das 12 km-Schild ist. Irgendwann kommt es und ich denke mir: HAHA, nun zählt das 22er für mich! Leider kommt es erst einige Meter danach.
KM 23:
Sag mal, gibt es hier keine Dixies für die Läufer?
KM 24:
Ich verstehe… ob Mann, ob Frau und egal was die Not sagt, alle gehen in die Büsche. Eigentlich sollte es ja Dixies geben auf einem Marathon.
KM 26:
Toll, ab der 2. Runde dürfen wir Marathonläufer nun auch noch eine kleine Extrarunde zusätzlich laufen.
KM 28:
Der Frisur sitzt, keine Beschwerden. Der alte Mann vom Start überholt mich, meint ich sei schnell unterwegs. Ich erkläre ihm, dass alles ok ist und es läuft. Er zieht ab. Der ist sicher um die 65 oder älter. Krasser Typ.
KM: 31:
Ah das Stadion in Sicht und Hörweite und die Distanz vom Hermannslauf ist absolviert in 2:46h. Damit habe ich gute 60 Minuten für die letzten 10 Km gebraucht. Das ist ok. Ich bin also runter auf einer 6 Minuten Pace pro Kilometer. Warte Mal, wenn ich die halten könnte, ein Traum, dann wäre ich bei 3:52h im Ziel.
KM 32:
So endlich. Die 2. Runde war Mental die Schlimmste bisher (und sollte es auch gewesen sein). Ein Gefühl von es geht nach Hause kommt auf. Dies stärkt ungemein meine Mentalität. Ich habe nicht mehr daran gedacht aufzuhören. Ich bin auf der 3. Wiederholung dieser dämlichen Schleife.
KM 33:
Scheiße… Scheiße… fühl ich mich gut. Ich ziehe wieder leicht an. Die Staffelläufer und ein Marathonläufer sind verwundert, wie locker ich sie überhole und äußern das. Der eine Läufer ist eh schon immer kurz vor mir oder hinter mir seit KM 27. Seine Freundin fährt mit Fahrrad vor und verpflegt ihn. Wie lieb von ihr.
Ich verliere ungefähr 1 Minute pro Verpflegungsstand. Also müsste ich bei 3:54h reinkommen, da noch zwei vor mir liegen. Denn nun bleibe ich bei jedem Stand kurz stehen und esse und trinke „in Ruhe“.
KM 35:
Es wird dunkel und endlich etwas kühler.
KM 36:
Der einzige Marathon, den ich vorher durchgelaufen bin, war der Berlin Marathon. Jedoch kam bei Km 36 der Mann mit dem Hammer und machte mich fertig. Doch noch ist alles ok! Keine Krämpfe, keine Schmerzen, keine Magenprobleme und noch 6 Km und ich habe 3:18h auf der Uhr.
KM 37:
Sehr geil. Die haben hier ein Stück Pfad mit Teelichtern ausgeleuchtet und da… Lichtschlangen… Geil warum starten wir eigentlich nicht erst um 22:30 und machen überall Teelichter? Das wäre so toll. Ich mache ein paar Plätze in der Gesamtwertung gut, denn immer mehr Leute Gehen statt Laufen. Ich halte recht locker noch meine Pace und überhole sie.
KM 39:
Das war der letzte Verpflegungspunkt. Auf geht es ins Ziel. Nun ist es komplett dunkel. Ich sehe nichts mehr, bis auf das was die Sterne und der Mond erhellt. Ich realisiere aber auch nicht, dass ich Julianes Lampe noch in der Hand habe.
KM 41:
Noch 1,2 Km und 3:47h auf der Uhr! Verdammt bin ich bisher konstant gelaufen. Für die letzten 20 Km habe ich exakt 2 Stunden gebraucht! Doch da ist er! Der Mann mit dem Hammer. Egal. Ich nehme nochmal leicht das Tempo raus. Ich habe 13 Minuten nun Zeit für 1,2 Km. Das sollte es gewesen sein. Ein Traum könnte gleich wahr werden!
KM 42:
Der Typ, den ich bei 33 überholt habe und der von seiner Freundin verpflegt wurde überholt mich, nennt mich beim Namen und macht mir Mut. Ja, wir packen die letzten Meter.
KM 42,195:
Ich bin im Ziel, 3:56:08 sagt später die Urkunde. Ich kann es nicht fassen. Jetzt, wo ich völlig aus dem Rhythmus bin merke ich, dass meine Oberschenkel durch sind. Ich gehe zu den Sanis, die helfen mir beim Ausdehnen, reichen mir Magnesium und unterhalten sich ganz toll mit mir. Erfahre die Lebensgeschichte von einem. Cooler Typ.
Ich gehe auf mein Zimmer und treffe auf dem Weg dahin einen der Leute aus meiner Ecke. Die schlafen wohl auch in der Jugendherberge. Der eine ist völlig fertig. Sagt, alle von denen hätten unter der Hitze massiv leiden müssen. Sage ihm, dass ich knapp unter vier Stunden blieb und mir ginge es eigentlich sehr gut. Ich humple leicht und völlig erschöpft aufs Zimmer. Habe ich erwähnt, dass mein Zimmer im 3. und höchsten Stock dieser Jugendherberge war?
Auf dem Zimmer:
Es kommt über mich, endlich… endlich unter 4 Stunden. Emotional fällt viel ab. Ich bin glücklich! Danach gehe ich das erste Mal duschen.
Am nächsten Morgen beim Frühstück:
Treffe alle aus meiner Ecke, die mit mir gestartet sind. Der eine musste aussteigen, humpelt sehr schwer. Ich springe schon fast im Vergleich sehr fröhlich. Aber nun merke ich Muskelkater in den Schultern und in den Beinen. Es ist 8 Uhr, ein zweites Mal frisch geduscht nehme ich endlich ein richtig dickes Frühstück zu mir. Das habe ich mir auch redlich verdient!